Vereine - verborgener Riese

Deutschland ist ein Land der Vereine. Heute gibt es um die 600.000 in Deutschland. Etwa die Hälfte des freiwilligen Engagements findet in Vereinen statt.

Vereine – ein verborgener Riese im Gesellschaftsleben
 

Die meisten Vereine verfügen über wenig Geld und bewegen doch viel. Über fünfzig Prozent hat unter 10.000 Euro im Jahr an Einnahmen zur Verfügung, durchschnittlich hundert Mitglieder und etwa zwanzig Ehrenamtliche, die unentgeltlich das Vereinsleben organisieren. Einige Vereine sind schon sehr alt. Mancher Schützenverein kann auf eine vielhundertjährige Geschichte zurückblicken. Vor allem im 19. Jahrhundert wächst das Vereinswesen enorm. Eine neue Zeit brach an: Es entstanden die Grundlagen des Rechts- und Sozialstaates, der freien Marktwirtschaft, und die Kleinfamilie bildete den Kern eines modernen Privatlebens. In diesen umfassenden gesellschaftlichen Umbrüchen übernahm das Vereinswesen eine tragende Rolle. Es schaffte einen eigenständigen Bereich zwischen Staat, Familie und Wirtschaft, in dem sich Bürgerinnen und Bürger aus freier Initiative begegnen, austauschen und gemeinsame Vorhaben verwirklichen: Vom Sport über die Armenfürsorge bis zum Chorwesen, vom Geselligkeitsverein bis zum politischen Club. Überall ist der Verein präsent, bis heute. Weil Vereine auf Mitglieder angewiesen sind, die sich aktiv einbringen, vertrauen sie in der Regel auf demokratische Beteiligung.

In Mitgliederversammlungen werden Vorstände gewählt und wichtige Weichenstellungen besprochen. Anfang des 20. Jahrhunderts erhält der Verein im Bürgerlichen Gesetzbuch den rechtlichen Rahmen, der sich bis heute kaum verändert hat. Ein Erfolgsgeheimnis des Vereins ist, trotz mancher Schelte der Vereinsmeierei, seine sehr flexible Form, die sich an die unterschiedlichsten Zwecke und Arbeitsweisen gut anpassen kann. Obwohl es viele altehrwürdige Vereine gibt, lässt die Dynamik neuer Gründungen nicht nach. Heute entstehen viele Vereine im Bildungsbereich, zum Beispiel als Träger von Kinderkrippen oder freien Schulen. Aber auch neue Kulturangebote in kleineren Städten und Gemeinden werden häufig von Vereinen getragen. Und schließlich gibt es einen wahren Gründungsboom bei Fördervereinen, die bestimmte Einrichtungen wie Museen oder Theater unterstützen. Immer wieder wachsen neue Vereine nach. Weit über zehntausend werden jährlich gegründet. Es gibt aber auch Vereine, deren Zweck sich überlebt hat und die daher das Zeitliche segnen. Manche kommen auch ins Straucheln, weil sich die alten Vorstände verabschieden und keine Nachfolger finden können oder schlecht gewirtschaftet haben. Hier könnte man oft mit ein wenig Organisationsentwicklung wirksame Hilfe leisten.